Im August 1962 rechnete wohl niemand damit, dass die Heldenfigur Spider-Man einmal derartig populär sein würde. Stan Lee und Steve Ditko erschufen, ohne es zu wissen, einen absoluten Kult-Charakter, der heute zweifelsohne als ein Stück Pop-Kultur bezeichnet werden darf. Wer liebt ihn nicht, den tollpatschigen, gutmütigen und was Mädchen angeht völlig unbeholfenen High School-Nerd Peter Parker, der nach dem Biss einer radioaktiv verseuchten Spinne unglaubliche Superkräfte entwickelt und diese zum Kampf gegen das Böse einsetzt. Nebenbei erobert er dabei das Herz seiner Jugendliebe Mary Jane Watson und verdient gutes Geld, indem er für den Daily Bugle Fotos von sich selber schießt. Seit 1962 sind zahllose Comics, Serien, Filme und Videospiele erschienen und die Marke „Spider-Man“ erfreut sich nach wie vor größter Beliebtheit, nicht zuletzt auch wegen der gerade in den Kinos angelaufenen Neuverfilmung mit dem jungen Andrew Garfield in der Hauptrolle. Entwickler Gameloft hatte bereits im Sommer 2010 mit „Ultimate Spider-Man: Total Mayhem“ ein offizielles iOS-Spiel herausgebracht. Nun versuchen sie es mit „The Amazing Spider-Man“ ein weiteres Mal. Ob das nur bei Spidey-Fans für leuchtende Augen sorgt oder auch für alle anderen ein gutes Actionspiel ergeben hat, erfahrt ihr in unserem Test.
-b1-Nachdem euch eine kurze Comic-Sequenz die Vorgeschichte des Peter Parker erklärt hat, dürft ihr euch auch schon im frei begehbaren New York Netze schleudernd austoben. Die große Welt steht euch völlig offen – egal ob eine kleine Nebengasse der 5th Avenue oder das Dach des Empire State Building, alles darf und will von euch erkundet werden. Sobald ihr genug von der Netzschwingerei habt, hilft ein Blick auf eure Karte, um die erste Mission anzunehmen. Ein Zielcursor mit Entfernungsanzeige führt euch direkt dorthin. Alternativ könnt ihr die Reise auch überspringen, doch das Schwingen macht einfach Spaß! Denn es funktioniert, zumindest nach kurzer Eingewöhnungsphase. Es sieht bestechend gut aus, wenn Spidey schräg an einer Hauswand entlang sprintet, während er sich an einem Netz vorwärts katapultiert, um dann Kopf voran auf den betonharten Asphalt zuzurasen und sich im letzten Moment per Netzleine wieder emporzuschwingen. Da lacht das Fan-Herz.
-b2-Bei allem akrobatischen Vermögen ist jedoch eingeschränkte Vorsicht geboten, denn generell gilt: Wo nichts ist, kann der Spinnenmann auch kein Netz festmachen. Solltet ihr aber tatsächlich mal den letzten Moment verpassen, dann rollt sich der Held mühelos auf dem Boden ab und zuckt nur gelangweilt mit den Schultern. Auch aus selbstmörderischster Höhe, kann euch ein Sturz nichts anhaben. So werdet ihr nicht unnötig oft durch ein „Game Over“ aus dem Spielfluss gerissen.
-b3-Die Missionen sind sehr abwechslungsreich gestaltet. Im einen Moment müsst ihr ein Feuerwehr-Fahrzeug vor den Angriffen fieser Gang-Mitglieder schützen, damit ein Brand gelöscht werden kann, ein anderes Mal wollen hilflos von einer Fahnenstange baumelnde Wissenschaftler gerettet oder wie im Film ein paar spektakuläre Schnappschüsse von euch in Action gemach werden. Bei fast allen Aufträgen gilt es jedoch, ein paar böse Buben zu verprügeln. Das Kampfsystem ist überwiegend auf Button Mashing ausgelegt, du bist also quasi nur dabei, wild auf die virtuellen Knöpfe zu hauen und dabei zuzusehen, was Spidey für coole Kombos ausführt.
Die im Kampf gewonnenen Erfahrungspunkte lassen euch im Level aufsteigen und können dann in neue Fähigkeiten oder Upgrades investiert werden. Dafür steht euch ein sogar relativ aufwendiger Skill Tree mit mehreren abzweigenden Ästen zur Verfügung! Für eure Mühen werdet ihr außerdem mit Spinnen belohnt, die als Währung dienen. Davon könnt ihr im Shop Heil- und Unsichtbarkeitstränke kaufen. Und wenn ihr richtig Kohle gescheffelt habt, sogar den berüchtigten schwarzen Anzug. Schließlich werden nach kurzer Spielzeit auch die Challenges freigeschaltet. Zu jeder Zeit sind 3 Herausforderungen aktiv, die zum Beispiel darin bestehen, 15 Sekunden lang zu schwingen, über 10 Hindernisse zu springen oder ein paar Schurken zu erledigen. All diese Gameplay-Elemente wirken zu keiner Zeit aufgesetzt, sondern fügen sich insgesamt zu einem schönen Spielerlebnis zusammen und konnten bei uns ordentlich punkten.
-b4-Die Grafik muss sicherlich mit Vorsicht bewertet werden. Auf den neueren iOS-Geräten sieht das Ganze vermeidlich schick aus und läuft vor allem flüssig. Spieler mit einem iPhone 4 müssen aber schon mal mit dem einen oder anderen Frameraten-Wacklern rechnen. Dazu ist auch zu sagen, dass das Spiel nicht die Details und Brillanz hat, wie man sie bei anderen Gameloft-Titeln schon gesehen hat. Angesichts eines derartig riesigen Open-World-Games ist dies aber nachvollzieh- und verschmerzbar und fließt daher auch nicht übermäßig stark in unsere Wertung mit ein.
Soundtechnisch bewegt sich „The Amazing Spider-Man“ im oberen Mittelfeld. Die Effekte klingen wirklich gut und erzeugen eine stimmige Atmopshäre, die Synchronisation der Charaktere trieft aber geradezu vor Slap-Stick und Spidey lässt ein ums andere Mal brutale Kalauer vom Band. Wem€˜s gefällt.
-b5-Die Steuerung funktioniert nach kurzer Eingewöhnungsphase im Großen und Ganzen ordentlich. Mit dem D-Pad lenkt ihr den Netzkrabbler in der Luft, am Boden und an Häuserwänden in alle Richtungen. Per Button-Tap schießt ihr eine Netzleine, an der ihr schwingt, solange ihr das Display gedrückt haltet. Beim Schwingen gilt es, eine fließende Kombination aus Halten und Loslassen zu entwickeln, um schnell und präzise von A nach B zu kommen. Gekämpft wird mit 3 Buttons unten rechts, was wie schon gesagt etwas zum Button Mashing verkommt.
„The Amazing Spider-Man für iOS ist ein solides Open-World Spiel, das von seinem populären Helden, einer ordentlichen Präsentation und großer Abwechslung profitiert. Es gibt auch das eine oder andere kleinere Manko, doch davon kann angesichts der vielen Vorzüge des Titels großmütig abgesehen werden. Wer nach dem Kinofilm Lust auf mehr hat, aber auch wer einfach auf der Suche nach einem umfangreichen Action-Spiel ist, darf mit punktuellen Abzügen guten Gewissens zugreifen.