Gamebooks, zu Deutsch Spielbücher, waren ein vor allem in den 80er Jahren ein weit verbreiteter und äußerst beliebter Zeitvertreib, bei dem man einer Geschichte abschnittsweise folgte und mit seinen Entscheidungen am Ende jeden Kapitels den Plot auf die eine oder andere Weise beeinflusste und veränderte. Je nachdem, welche Wahl man traf, änderten sich der Ausgang der Geschichte und der Weg dorthin. Die Reihe „Einsamer Wolf“ von Joe Dever ist ein typisches Beispiel eines solchen Gamebooks und mit 12 in deutscher Sprache erschienen Titeln auch eine der erfolgreichsten. Der gleichnamige Protagonist kämpft seit 1984 in Sommerlund gegen die Schwarzen Lords für das Gute und erfährt seit kurzem mit der titelgebenden App ein Revival im AppStore. Wir haben unsere Lesebrillen aufgesetzt und den virtuellen Schmöker Joe Devers Lone Wolf -l12882- für euch eingehend studiert

-b1-Gleich zu Beginn fällt uns die hübsch anzusehende Optik auf! Man kann die raschelnden Papierseiten beim Umblättern beinahe fühlen, der schwere Ledereinband mit den kunstvollen Eisenbeschlägen wiegt schwer auf unserem Schoß – so scheint es zumindest, als wir uns die ersten Seiten des komplett deutschsprachigen Spieles zu Gemüte führen, auf denen wir unseren Helden mit einigen Charaktereigenschaften ausrüsten. Denken wir nach, wägen Vor- und Nachteile ab bevor wir eine Entscheidung treffen, verlassen wir uns auf unsere Intuition und Geschicklichkeit oder preschen wir mit roher Gewalt und Rücksichtlosigkeit einfach voran? Führen wir ein schnelles Schwert, einen schweren Streitkolben oder eine ausgewogene Axt? Interessant wird es bei der Auswahl der sogenannten „Kai-Fertigkeiten“. Diese magischen Fähigkeiten lassen euch Objekte in eurer Nähe manipulieren, mit Tieren zu kommunizieren oder bis zur Unsichtbarkeit mit eurer Umgebung zu verschmelzen.

-b2-Je nachdem, welche der Fähigkeiten und Eigenschaften ihr im Vorfeld der Geschichte wählt, ändern sich eure Auswahlmöglichkeiten in einzelnen Situationen während des Abenteuers ein wenig. So lassen sich Konfrontationen beispielsweise vermeiden, wenn ihr die Situation erst analysiert und euch anschließend geschickt tarnt, an anderer Stelle beschwört ihr mit euren Kai-Fertigkeiten einen gutartigen Wolf-Dämonen herauf, der sich auf eure Gegner stürzt, während ein anderer Spieler hier vielleicht auf seine Heilungsattribute angewiesen ist. So beeinflusst ihr nicht nur den Lauf der leider etwas einfallslosen und teilweise langatmigen Geschichte, sondern auch die Herangehensweise in den sich leider wiederholenden und selten abwechslungsreichen Gefechten.

-b3-Die Variation zwischen geradezu entspannenden Lese-Passagen, den einigermaßen fordernden zeit- und rundenbasierten Kämpfen und kleinen Minispielchen wie das Öffnen eines Schlosses mit Hilfe eines Dietrichs sorgt unserer Meinung nach trotzdem für ein insgesamt gelungenes Spielerlebnis. Die Kämpfe erfordern aufgrund des Anfangs etwas überladen erscheinenden HUDs eine kurze Eingewöhnungszeit, dann wird das Konzept jedoch klarer. Es gilt stets, eure Ressourcen und Eigenschaften möglichst effektiv gegen den Gegner einzusetzen und eine ausgewogene Mischung zu finden. Dafür tippt ihr jeweils auf die Waffe und dann auf die Angriffsart, die ihr einsetzen wollt. Führt dein einsamer Krieger diese aus, gilt es noch im richtigen Moment Pfeile auf dem Display nachzuzeichnen und Kreise anzutippen. Nicht neu, aber irgendwie auch nicht so richtig gut gelungen – so unsere Meinung.
-b4-Mit eurer Hauptwaffe könnt ihr leichte, schwere und kombinierte Angriffe ausführen, mit eurem Schild blocken oder den Block eines Gegners zerstören. Wurfmesser können einzeln oder mehrfach eingesetzt werden, die Kai-Fertigkeiten verbrauchen Magie, dargestellt durch einen blauen Balken und eure Superwaffe, das „Sommerswerd“ ist oft die letzte Wahl in scheinbar ausweglosen Situationen. Hinzu kommen verschiedene Tränke, die eure Energie, oder Magie wieder aufladen oder eine zeitweise Verbesserung bestimmter Eigenschaften hervorrufen.

Nach einem gewonnenen Kampf lassen die besiegten Gegner mal mehr, mal weniger Items zurück. Mit diesen könnt ihr im Verlauf der Geschichte dann auch Waffen, Rüstung und Schild verbessern. Zudem kommen gelegentliche Level-Aufstiege, die euch zum Beispiel etwas mehr Energie oder Magie bescheren. Auf der Karte könnt ihr den bisherigen Weg nachvollziehen, den ihr gegangen seid, sowie an Weggabelungen oftmals leider nur geringfügig folgenschwere Entscheidungen treffen und so eure Route ändern. Die Story ändert sich zumindest im ersten der vier Bücher „Blutiger Schnee“ nur rudimentär, es bleibt zu hoffen, dass sich eure anfangs getroffenen Entscheidungen in den noch erscheinenden drei Fortsetzungen, für knapp 9€ im Season Pass zu erwerben, umfangreicher auswirken. Trotz dieser leichten Schwächen, ist den Entwicklern von Forge Reply und Publisher Bulkypix im Großen und Ganzen eine durchaus gelungene Adaption des Gamebook-Genres für die mobilen Gamer gelungen.

Die einzelnen Bestandteile von Lone Wolf, die Kämpfe, das Lesen, die RPG-Elemente, die Grafik, die Bedienung und die Story, all das ist zwar nett, wäre für sich allein genommen aber nichts Besonderes – alles schon einmal irgendwie dagewesen. Hier gilt: Die Mischung macht’s! Die Kombination aus der gelungenen Präsentation, der Abwechslung zwischen Lesen, Kämpfen und Mini-Spielen machen aus Joe Devers Lone Wolf -l12882- etwas so im AppStore noch nie dagewesenes. Leider sind die Kämpfe die Schwachstelle im Spiel, hier wäre unserer Meinung nach mehr möglich gewesen. Wer zudem mit dem Begriff „Bücher“ nichts anzufangen weiß und Lesen hasst wie die Pest, der sollte sich den Kauf zweimal überlegen.