Neben einem erheblich reduzierten Haarwuchs und dem mehr oder weniger aufrechten Gang haben wir nicht mehr allzu viel mit unseren Vorgängern aus der Altsteinzeit gemein. Der Ausdruck „Jäger und Sammler“ aber hat nahezu nichts von seiner Aktualität verloren, denn auch wenn der Mensch das Jagen einigen wenigen ausgebildeten Fachmännern und der gesamten Bevölkerung der amerikanischen Südstaaten überlassen hat, so können wir nach wie vor nicht aufhören, zu sammeln. Ob Yu-Gi-Oh-Karten, Trikots, Gartenzwerge, Bierdeckel, Briefmarken oder Hirschgeweihe, das Sammeln scheint uns einfach im Blut zu liegen, dem einen mehr, dem anderen weniger. Und weil das auch an den netten Herren und Damen aus der Videospielindustrie nicht vorübergegangen ist, „looten“ wir virtuell mittlerweile was das Zeug hält. Wer schon mal etwas vom First-Person-Shooter mit Rollenspielelementen „Borderlands“ gehört hat, der wird vielleicht mitbekommen haben, dass das Ding exzessive Sammelei nicht nur kommentarlos hinnimmt, sondern gezielt unterstützt! Mit Borderlands Legends lieferte uns 2K vor einiger Zeit den ersten iOS-Ableger. Da wir es versäumt haben, euch den Titel näher vorzustellen, nutzen wir das vor kurzem erschienen Update, um dies schleunigst in diesem Testbericht nachzuholen.

-b1-Was nach dem Update zu allererst ins Augen fällt, oder vielmehr nicht ins Auge fällt, sind die Bildschirmtexte, denn die sind schlichtweg nicht vorhanden. Das schränkt die Spielbarkeit erheblich ein und bisher hat sich 2K Games zu einer Aktualisierung und Behebung des Problems noch nicht geäußert, wir gehen aber zusammen mit der gesamten Community stark davon aus, dass dieses zugegebenermaßen unerhörte Versäumnis in den nächsten Tagen behoben werden sollte. Habt ihr den großen Konsolenbruder von Borderlands Legends schon einmal angespielt, werdet ihr die illustren Protagonisten Lilith, Roland, Brick und Mordechai sofort wiedererkennen. Anstatt euch aber einen auszusuchen und diesen mit fortschreitendem Spielverlauf kräftig hochzuleveln, übernehmt ihr einfach die Kontrolle über alle vier.
Nach einer zähen Einweisung in die Steuerung stürzt ihr euch direkt in die zahllosen Missionen, die jedes Mal nach dem gleichen Schema ablaufen: Ihr betretet eine Karte, habt kurz Zeit euch taktisch möglichst klug zu platzieren und versucht dann, die vier auf euch eindrängenden Gegnerwellen abzuwehren bzw. alles ins Nirvana von Pandora zu schießen, was sich bewegt. Für jeden erledigten Gegner gibt es Geld, zusätzlich solltet ihr versuchen möglichst alle der zufällig gedropten Geldbündel einsammeln.
-b2-Waffen und anderes nützliches Utensil lassen in Legends nichts und niemand fallen. Looten adé. Mit dem eingesammelten Zaster könnt ihr euch dann, vorausgesetzt, ihr seid im Level entsprechend fortgeschritten, ordentlich im Shop austoben. Dort gibt es Waffen, deren statistische Werte, anders als im Konsolen-Original auf die Werte Schaden und Genauigkeit reduziert wurden, den obligatorischen Schutzschild, sowie ein Item, dass dem jeweiligen Charakter entsprechend, eine Eigenschaft, wie zum Beispiel Geschwindigkeit, Gesundheit oder Schaden boostet. Erfahrung gibts für’s Gegnerklatschen und pro Aufstieg einen Punkt für den Skill-Tree, der euch für jeden Charakter die Möglichkeit einräumt, Spezialfähigkeiten freizuschalten. Diese Fähigkeiten verleihen den vier Freunden einen temporären Vorteil, sei es eine verbesserte Zielgenauigkeit für den Scharfschützen Mordechai, der nach dem eingangs erwähnte Update nun einen implementierten Scharfschützenmodus erhalten hat, ein verlängerter Phasewalk für Lilith oder zusätzlichen Schaden für den ohnehin relativ zügellos prügelnden Brick.
-b3-Der Mix aus unterschiedlicher Bewaffnung und den Fähigkeiten des Querulanten-Quartetts sorgt dafür, dass ihr Kämpfe entsprechend der Stärken und Schwächen eurer Charaktere führen solltet. Das verleiht Borderlands Legends den Hauch eines Strategie-Titels, obgleich ihr euch frei auf der Karte bewegen könnt, und das in Echtzeit. Erwischt es einen, wird der glücklose Schatzjäger von ihm nahestehenden Kameraden wiederbelebt und bekommt eine „2nd Chance“. Das hat aber zum Resultat, dass man sich, anstatt wie anfangs erwähnt, nicht auf der ganzen Karte entsprechend der Deckung verteilt, sondern sich immer zu einem schwerbewaffneten Knäuel zusammentut. Taktik adé. Stattdessen ist meistens wildes Rumgedrücke und banges Hoffen angesagt. Wie viel Spieltiefe in Borderlands Legends steckt, könnt ihr euch jetzt an zwei Fingern abzählen, gleich nachdem darauf hingewiesen sei, dass eine Story quasi nicht vorhanden ist. Wer jetzt noch Bock auf das Ding hat, dem unterstellen wir mal eine übergroße Affinität gegenüber dem Borderland-Franchise. Daran ändern auch die paar zusätzlichen Waffen und Gegnertypen, die mit dem Update einhergehen, in unseren Augen nichts.

-b4-Optisch ist Legends zu 100 Prozent Borderlands. Auf den ersten Blick ist die Grafik ganz hübsch anzusehen. Die Karten sind tatsächlich relativ detailliert gestaltet und Kenner könnten beim Anblick des Titelscreens vielleicht sogar den rauen Sand Pandoras auf ihrer Haut spüren. Bei genauerem Hinsehen aber mussten wir feststellen, dass die Texturen gerade auf den neueren iDevices schon ziemlich grob daherkommen. Bewegungsanimationen und Effekte sehen wiederum gelungen aus, sodass der Blick auf die Grafik-Abteilung einen zwiegespaltenen Eindruck hinterlässt. Nach dem Update hat Borderlands Legends noch einmal leicht aufgebohrte Visuals spendiert bekommen. Vor allem auf dem iPhone 5 sieht das Ding jetzt einen Tick besser aus.
Soundeffekte, Musik und Charakterstimmen sind direkt aus Borderlands übernommen worden – und das ist gut so. Wer sich bereits an Konsole oder PC durch die staubigen Weiten des Wüstenplaneten gekämpft hat, wird sich sofort ganz wie zu Hause fühlen. Allen anderen dürften die unterschiedlichen Waffensounds, das wilde Geheule heranpreschender Skags, das entschlossene Gegrummel von Brick und die musikalische Untermalung gleichsam recht gut gefallen.

-b5-Die Steuerung ist zweifelsohne keine Stärke von Borderlands Legends. Gerade auf dem iPhone oder dem iPod touch erwischt man, wenn die Protagonisten nahe beieinander stehen, oft den falschen oder wählt, anstatt jemanden von A nach B zu schicken, einen anderen aus. Auf dem iPad sieht das schon anders aus. Ihr bewegt den angewählten Charakter entweder per Tap auf den Zielort, oder indem ihr in die gewünschte Richtung swiped. Angegriffen wird auch per Tap auf den Gegner und die Spezialfähigkeiten löst ihr durch Tippen auf den entsprechenden Button oben links aus. Zudem gibt es nun die Möglichkeit, die Kamera durch einige Buttons heranzoomen und dessen Winkel zu ändern.

Look und Sound in Legends sind Borderlands durch und durch. Das ist gut, aber lange nicht genug, um dem Spiel die Stöcke, die es sich selbst zwischen die Beine schmeißt, chirurgisch zu entfernen. Wer nichts mit dem Original-Shooter mit Rollenspielelementen am Hut hat, der wird vom sich ewig wiederholenden Gameplay schnell genug haben, denn das lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Level starten, 4 Gegnerwellen abwehren, fertig. Das groß angekündigte Update leistet sich vor allem anderen erst einmal einen Riesen-Fauxpas, indem es die Bildschirmtexte hat verschwinden lassen. Die übrigen Veränderungen sind zwar dank neuer Gegner- und Waffentypen sowie einer neuen Spezialfähigkeit von Sniper Mordechai und einer leicht verbesserten K.I., gerade was die Wegfindung angeht, einigermaßen gelungen, am eigentlichen Gameplay hat sich aus unserer Sicht aber zu wenig verbessert, um Borderlands Legends mit einem iPlayApps-Award auszuzeichnen. Der Titel hat einfach zu wenig mit dem grandiosen Gameplay des Originals zu tun, das wir uns sehnlichst für iOS wünschen würden, und so ist sogar Fans des Konsolenkrachers eher höfliche Zurückhaltung empfohlen.