Was Shenandoah Studios uns da direkt zu Beginn des erst wenige Wochen alten Jahres 2013 auf die Tablets serviert, mag so manch alteingesessenen Rundenstrategie-Kenner an einen PC-Klassiker von 1994 erinnern, was vor allem an dem Setting des 2. Weltkriegs und zum anderen am Gameplay selbst liegt. Unser erster Blick auf das muntere Kriegstreiben um 1944 war durchaus vielversprechend, in unserem Test lest ihr, ob sich dieser Eindruck bestätigt oder ihr wider Erwarten lieber die Finger von Battle of the Bulge lassen solltet.
-b1-Nachdem es den Alliierten am D-Day, dem 6. Juni 1944, in einer spektakulären Landungsaktion am Strand der französischen Normandie gelungen war, den Grundstein zur Unterwerfung der Streitkräfte des Deutschen Reiches in den darauf folgenden Monaten zu legen, drangen sie zielstrebig nach Osten vor. Obwohl der Krieg im Wesentlichen verloren und die Lage aussichtslos war, unternahmen im Winter ’44 deutsche Kampfverbände unter der Führung des Oberbefehlshaber West Gerd von Rundstedt und Generalfeldmarschall Walter Model einen letzten verzweifelten Versuch, die westalliierten Kräfte doch noch zu vernichten. Die ungefähr einen Monat andauernde Ardennenoffensive hatte zum Ziel, den Hafen in Antwerpen in deutschen Besitz zu bringen und so den militärischen Nachschub der Westmächte entscheidend zu unterbinden.
In Battle of the Bulge schlüpft ihr nun knapp 70 Jahre nach den historischen Geschehnissen wahlweise in die Rolle der Alliierten oder führt die Offensive der deutschen Truppen an. Bevor es losgeht, entscheidet ihr euch für eine der zwei zur Verfügung stehenden Missionen und dafür, welchem Befehlshaber auf der gegnerischen Seite ihr die Stirn bieten wollt. Die Amerika-affinen unter euch treten in der Schlacht entweder dem methodisch vorgehenden Von Rundstedt gegenüber, der seine Truppen mit Bedacht konzentriert und Konfrontationen nur nach reichlicher Überlegung und mit der Sicherheit zahlenmäßiger Überlegenheit eingeht, oder dem aggressiv vorstoßenden Dietrich, der dadurch ein ums andere Mal seine Flanken entblößt, dem Feind aber gleichsam empfindliche Verluste zufügt. Auf der deutschen Seite setzt ihr euch mit den ähnlich agierenden Pendants in Person des Berufsoffiziers Bernard „Monty“ Montgomery oder eben General Patton auseinander.
-b2-Je nachdem, wie ihr euch hier entscheidet, wird das Spiel einen anderen Verlauf nehmen und ihr müsst euch immer wieder anders auf die Vorgehensweisen des gewählten Gegners einstellen. Das sorgt für reichlich Wiederspielwert, was angesichts von nur zwei (!!!) Missionen, wobei „Race to the Meuse“ strenggenommen lediglich eine verkürzte Version des „Battle of the Bulge“ ist, nicht ganz unwichtig erscheint. Für Umfang ist aber trotzdem reichlich gesorgt, wenn auch nicht in Form waschechten Gameplays, doch dazu später mehr.
Im Spiel selbst übernehmt ihr die Kontrolle über bereits auf der Karte verteilte Einheiten: Panzerverbände, Infanterietruppen und Grenadierdivisionen. Jede Einheit ist mit unterschiedlichen Eigenschaften ausgestattet, deren Auswirkungen im Gefecht euch in einem Tutorial, vor allem aber in den umfangreichen Statistiken und Tabellen im Hilfe-Menü erklärt werden. Das mag auf den Gelegenheitszocker abschreckend wirken, ist aber im Spiel gut gelöst worden, indem wahrscheinliche Gefechtsresultate vor einem Zug angezeigt werden und man sich so auch ohne viel Hintergrundwissen über Erfolgswahrscheinlichkeiten und Zahlenwirrwarr seine Chancen gut ausrechnen kann. Zudem kann jede Aktion mithilfe des „Undo“-Buttons wieder rückgängig gemacht werden. Die Missionen erstrecken sich zeitlich über mehrere Tage, die wiederum in Stunden unterteilt sind. Zu Beginn jedes Tages erhaltet ihr ein Missions-Briefing, in dem die aktualisierten Ziele sowie bereits Erreichtes aufgezählt wird. Dabei beginnt jeder Tag um „0600“ – echte Frühaufsteher – und endet um „1800“. Zwischen Abenden und Morgen des folgenden Tages wirken sich entsprechende Boni auf die Spieler aus. So lassen sich beispielsweise gegnerische Einheiten durch Spezialkommandos sabotieren und für den Rest des Tages bewegungsunfähig machen. Darüber hinaus trifft beispielsweise Truppennachschub ein.
-b3-Wichtig ist, dass jede Einheit nur einmal pro Tag bewegt werden kann. Diese Tatsache sorgt zusammen mit den verschiedenen Eigenschaften der im Übrigen nicht hexametrisch, sondern nach Landstrichen angeordneten Zugfelder dafür, dass ihr jeden Spielzug sorgsam planen solltet. Pro Zug lassen sich außerdem immer nur alle Einheiten auf einem einzigen Feld bewegen. Durch kluges Planen und Taktieren können trotzdem befriedigende Spielzüge entstehen, so dürfen zum Beispiel im Gefecht siegreiche Panzerverbände im gleichen Zug noch ein anliegendes Feld weiterziehen. Kommt es zum Gefecht zweier sich auf einer Feld gegenüberstehenden Einheiten, spielt das Terrain, auf dem es ausgetragen wird, neben der Stärke der einzelnen Einheiten ebenfalls eine entscheidende Rolle. Zahlenmäßige Überlegenheit und das Überraschungsmoment des Angreifers mögen zum Beispiel angesichts eines dicht-bewaldeten Gebietes mit hervorragender Deckung nicht zum Sieg reichen. Das alles klingt recht komplex, ist aber dank eines hervorragenden Interfaces und einer intuitiven Bedienung schnell zu erlernen, bietet aber mit all den im Hintergrund arbeitenden Statistiken auch Rundenstrategie-Cracks genug Futter, um sich länger mit dem Titel zu beschäftigen.
-b4-Zur Grafik müssen wir uns dieses Mal ein wenig differenzierter auslassen, denn nach atemberaubenden 3D-Sequenzen, krachenden Effekten und schön animierten Bewegungen sucht man hier vergeblich, was schlichtweg genretypisch bedingt ist. Stattdessen gibt es eine schön anzusehende, detaillierte Karte des Gebietes um die Ardennen, auf der sich das Geschehen abspielt, und noch liebevoller gestaltete Menüs in Battle of the Bulge. Was die Entwickler hier sowohl an optischen als auch historischen Details präsentieren, ist schlichtweg beispielhaft und macht einen großen Teil des Charmes dieses Rundenstrategen aus. Sorgsam recherchierte Informationen sowie umfangreiches Bildmaterial erzählen von den deutschen Bemühungen in jenem Winter 1944 und bieten reichlich Hintergrundwissen für den geschichtsinteressierten Spieler. Vorbildlich für dieses Genre!
-b5-Der Sound unterstreicht das eben Beschriebene auf stimmungsvolle Art und Weise. Die Musik passt sich dynamisch an, je nachdem ob ihr das Geschehen lediglich betrachtet und in den Reihen der Feinde nach sich auftuenden Lücken sucht oder in ein Gefecht verwickelt werdet. Im Menü leiert ein rauschendes Radio zeitgemäße Melodien daher und immer wieder sind deutsche Wortfetzen einer Rede oder militärischer Funkverkehr zu hören. Für die so erzeugte Atmosphäre gibts von uns eine 1 mit Sternchen.
Die Steuerung ist simpel und intuitiv gestaltet, lässt sich ohne weiteres erlernen und durch die beschränkte Vielfalt möglicher Befehle und das simple Bewegen durch Menüs kaum ungewollte Fehleingaben zu.
Battle of the Bulge ist eines der ersten Highlights im noch so jungen Spielejahr 2013! Selbstverständlich ist rundenbasierte Weltkriegsstrategie nicht jedermanns Sache. Wer aber Lust hat, mal einen Blick ins Genre zu werfen und selbstverständlich für all diejenigen, für die es nichts Schöneres gibt, virtuelle Truppenverbände auf der Realität nachempfundenen Schlachtfeldern hin- und herzuschieben, der darf hier auch trotz des happigen Preises von 8,99€ zuschlagen. Abgerundet wird der Titel durch einen Mehrspieler-Modus via GameCenter oder PassnPlay. Gewarnt sei aber vor den ausschließlich englischen Texten und der Tatsache, dass es neben den zwei umfangreichen Missionen kein freies Spiel gibt.